Quelle: Holsteinischer Courier vom 26.10.2023, von Susanne Otto
13 neue Bewohner in drei Tagen: Ein Kraftakt für die Seniorenresidenz in Großenaspe
Innerhalb von drei Tagen sind 13 Senioren in die Seniorenresidenz Großenaspe gezogen. Sie kommen aus dem Haus Sachsenring in Neumünster, das die stationäre Pflegeabteilung aufgibt. Kein Einzelfall. Residenzleitung Karoline Düringer spricht über die Sorgen um die Bewohner und den Personalmangel.
„Wir haben die neuen Bewohner sehr emotional entgegengenommen“, sagt Karoline Düringer. Die Leitung der Seniorenresidenz in Großenaspe spricht über die insgesamt 15 Senioren – das Gros zwischen 85 und 90 Jahren –, die in der vergangenen Woche neu eingezogen sind beziehungsweise dabei sind, die Einrichtung zu wechseln und das quasi Hals über Kopf. 13 Senioren wechselten sogar innerhalb von nur drei Tagen. Sie alle waren im Haus Sachsenring in Neumünster untergebracht und mussten sich ein neues Zuhause suchen, weil die stationäre Pflegeabteilung dort aufgelöst wird.
„Weder den Bewohnern noch den Angehörigen war das klar und alles kam sehr kurzfristig“, sagt Dorothea Scheibner, die Pflegedienstleitung in der Seniorenresidenz Großenaspe. Das Heim am Sachsenring in Neumünster habe in Großenaspe um Hilfe gebeten, um die Menschen unterzubringen, weil die stationäre Abteilung wegen Unterversorgung geschlossen werden muss. Der Großteil der 15 neuen Bewohner hat Pflegegrad 4. Sie alle sind im gerade sanierten Haus 2 untergekommen, das jetzt unter Hochdruck eingerichtet wird. Haustechniker Paul Lambert zum Beispiel sorgt dafür, dass Licht, Radio und Fernseher funktionieren.
Die Kündigung kam am 13. Oktober
Dass auch die Angehörigen von dem schnellen Wechsel überrumpelt wurden, berichtet E. Köppe aus Kiel, deren Bruder viereinhalb Jahre im Haus Sachsenring lebte, dort zufrieden war und es als sein Zuhause empfand. Die 79-Jährige ist die Betreuerin ihres Bruders und ahnte nichts von dem bevorstehenden Auszug. Als andere Bewohner traurig von einem Wechsel berichteten, fragte sie beim Personal, das offensichtlich auch nicht Bescheid wusste, nach und wurde beruhigt. „Am 13. Oktober kam der Brief mit der Kündigung zum 30. Oktober, spätestens zum 30. November“, berichtet die Kielerin.
Das Haus am Sachsenring hatte den Platz für den Bruder in Großenaspe bereits besorgt. „Am 14. Oktober habe ich mir das Heim in Großenaspe erstmal angesehen“, sagt Köppe. In Großenaspe musste der Bruder dann nochmals innerhalb des Hauses umziehen. „In einer Woche hat mein Bruder dreimal das Bett gewechselt. Das ist für einen Bewohner mit Pflegegrad 4 und Ängsten einfach zu viel. Allerdings kann ich nun froh sein, dass er dort untergebracht ist.“
Von Convivo zu HPR: Betreiber hat in Großenaspe gewechselt
Dabei hat das Heim in Großenaspe nach Corona gerade eine weitere Krise überstanden. Der Betreiber Convivo hatte im Januar Insolvenz angemeldet. „Das war eine sehr unsichere Zeit. Das war die Hölle“, berichtet Dorothea Scheibner. Doch der Zusammenhalt innerhalb der Großenasper Belegschaft stimme. Keiner habe das Haus in der schwierigen Zeit verlassen und das, obwohl es einen Monat kein Gehalt gab, so Karoline Düringer. Seit dem 1. April gehört das Haus in Großenaspe zur Hanseatischen Pflegeresidenz GmbH und heißt Seniorenresidenz Großenaspe.
Pflegefachkräfte fehlen
Auch Personal wird das Heim in Großenaspe vom Haus Sachsenring übernehmen: insgesamt vier Pflegeassistenten und Pflegehelfer sowie drei Auszubildende, die dort weiter lernen können. Dennoch wird weiteres Personal gebraucht, insbesondere Pflegefachkräfte, die auch für Medikation und Behandlungspflege zuständig sein dürfen, und eine Wohnbereichsleitung. „Der Beruf muss attraktiver gemacht werden, wenn man in drei Schichten am Tag arbeitet“, sagt Dorothea Scheibner.
80 Bewohner hat die Seniorenresidenz aktuell. Maximal können dort 90 Menschen wohnen, dann müssen aber mehr Zimmer doppelt belegt werden, was krankheitsbedingt nicht immer möglich ist. 66 Arbeitskräfte, darunter 40 in der Pflege und 26 in der Hauswirtschaft, sorgen dafür, dass der Laden läuft.
„Wo sollen die Senioren denn alle hin?“
Die Bitte aus Neumünster, Bewohner aufzunehmen, ist kein Einzelfall, auch aus Norderstedt kamen bereits Anfragen. Und Bewohner für die Kurzzeitpflege kommen sogar aus Hamburg und Niedersachsen nach Großenaspe, weil Heimplätze fehlen. In Großenaspe wächst die Sorge, dass mit der weiter wachsenden Gruppe der Senioren in erster Linie Geld gemacht werden soll – eher im Bereich Seniorenwohnen als im Bereich Pflege. „Wo sollen die Senioren denn alle hin?“, fragt Karoline Düringer.